Ein gescheitertes Liebespaar, eine gefährliche Bergsteiger-Challenge und der höchste Berg der Welt bieten die Kulisse für das Debüt von Mira Manger, welches es in sich hat. Wer auf vielschichtige Stories mit tiefen Gefühlen fernab der rosaroten Zuckerwatte-Welt steht, sollte sich Das Dach der Welt auf gar keinen Fall entgehen lassen! Welche Probleme ich dennoch mit dem Buch hatte und was mein Fazit zu Mira Manger als Autorin ist, könnt ihr in der folgenden Rezension nachlesen.
Übersicht
Titel: Das Dach der Welt (Read! Sport! Love!)
Autor: Mira Manger
Reihe: Ja
Verlag: Piper
Seiten: 292 Seiten
Format: Taschenbuch, Ebook
Preis: 15,99€, 4,99€
ISBN: 978-3492502825
Das Buch könnt ihr hier erwerben: Piper | Amazon | Thalia
„Hier oben war ich Zuhause, sicher vor den Härten des Lebens, fernab aller Probleme, die sich auf Meeresspiegelhöhe an mir festbissen. Hier oben konnten sie nicht mithalten.“
Alicia Fischer und Robin Voss sind bekannte Gesichter der deutschen Bergsteigerszene. In der schillernden Social-Media Welt gelten sie als das perfekte Traumpaar, doch hinter den Kulissen gehen sie schon lange getrennte Wege – Grund dafür ist Robins Alkoholproblem und die öffentliche Zurschaustellung ihrer Liebe. Für die gesponserte Expedition zum Mount Everest, die sich keiner von beiden entgehen lassen will, müssen sich Alicia und Robin wohl oder übel wieder zusammenraufen. Auf dem Dach der Welt wird den jungen Bergsteigern schließlich klar, dass sie noch immer etwas füreinander empfinden.
Ein Debüt, das sich lohnt
Schon als ich das erste Mal von Das Dach der Welt gelesen habe, war mir klar: das will ich lesen. Und Leute, das soll was heißen, denn ich bin überhaupt kein Romance Leser. De facto ist Mira Mangers Debüt sogar mein allererstes Romance-Buch überhaupt. Doch als ich das Wörtchen Bergsteigen erspähte, war ich hin und weg. Alleine die Idee hat mich sofort begeistert, aber als ich dann noch gelesen habe, dass die Liebesgeschichte die eines gescheiterten Paars sein wird, bei denen einer der Partner mit Sucht und psychischer Krankheit zu kämpfen hat… Ich war total gehyped, ehrlich.
Nun habe ich also meinen ersten Ausflug in das Romance-Genre bewältigt. Zuerst einmal kann ich sagen, dass ich wirklich nicht die Zielgruppe bin und es nicht mein neues Genre der Wahl wird. Dennoch möchte ich euch Das Dach der Welt wärmstens empfehlen und ans Herz legen, selbst dann, wenn ihr kein Romance-Leser seid wie ich. Denn Leute, es lohnt sich. Auch wenn ich ein bisschen was zu mäkeln habe, alleine für die wunderschönen Einblicke ins Bergsteigen und die geniale Welt um den Mount Everest lohn es sich wirklich. Ich würde mir sogar fast wünschen, dass es viel mehr Beschreibungen der Landschaft gegeben hätte, denn sie haben mir immer wieder den Atem geraubt. Nie zuvor habe ich mir Gedanken darüber gemacht, wie es wohl ist, den höchsten Berg der Welt zu erklimmen und seinen Gipfel zu stürmen, und dennoch hat mich die Euphorie mitgerissen, die Angst mitfiebern lassen, welche Alicia und Robin während des Buches gespürt haben.
Von schwierigen Pärchen und fehlendem Verständnis
So… Bonnie hat also einiges zu mäkeln. Meine Freunde stoßen wahrscheinlich gerade ein verächtliches Schnauben aus, denn irgendwie bin ich in meiner Gruppe als die Queen der harten Kritik bekannt geworden. Und auch das Debüt der lieben Mira hat es nicht kritikfrei unter meiner Snob-Nase durch geschafft, so Leid es mir tut. Denn auch wenn die Beschreibungen des Bergsteigens selbst großartig waren und mich der locker-leichte Schreibstil schnell eingenommen hat, hatte ich riesige Probleme, mit den Protagonisten Alicia und Robin warm zu werden. Zur Mitte des Buches hatte wenigstens Robin meine Sympathie für sich gewonnen, doch Alicia und ich sind uns bis zum bitteren Schluss nicht näher gekommen. Bis zu 80% des Buchs habe ich sogar darauf gehofft, dass sie einfach auf dem Everest verreckt, so wenig kann ich sie ausstehen.
Bevor ich hier ins Detail gehe: wenn ihr darüber nachdenkt, euch Das Dach der Welt zu kaufen, dann bitte tut es. Gebt dem Buch eine Chance, gebt Mira eine Chance – gebt Alicia eine Chance. Nur weil ich sie hasse, heißt es nicht, dass ihr sie auch nicht leiden könnt. Und vielleicht habe ich ja auch einfach zu viel reininterpretiert und ihr denkt euch nach dem Lesen nur “Häää Bonnie, wo zur Hölle hast du das denn gelesen?”.
So. Jetzt zu Alicia. Gott, ich hasse sie. Es tut mir so Leid, aber ich finde sie unausstehlich. Ihren Charakter konnte ich überhaupt nicht greifen, für mich schien sie sich ständig nur um sich selbst zu kümmern und wegen jeder Kleinigkeit am rumzicken zu sein. Wieso Robin bis über beide Ohren in sie verliebt ist, weiß ich nicht. Tatsächlich denke ich sogar, dass er ohne Alicia besser dran gewesen wäre, denn was die in der Beziehung gebracht hat, grenzt für mich ganz hart an Missbrauch.
Wie bereits in der Kurzbeschreibung angeteasert, hat Robin ein großes Suchtproblem. Zusätzlich kommt hinzu, dass der junge Mann schwere Depressionen hat. Das weiß Alicia auch. Denkt ihr, dass sie versucht ihm zu helfen? Ja? Nun… geht so. Anfangs verdrängt sie es (Respekt hierfür!), danach ist sie sauer auf ihn, schleppt ihn zu seiner Familie, mit der er nicht klar kommt und letzten Endes fängt sie einfach bei jeder Gelegenheit Streit mit ihm an. Ein Träumchen. Egal was er tut, sie ist einfach immer unzufrieden. Okay, fair enough, er baut sehr viel Scheiße – aber als liebender Partner versuche ich doch, meinem Schatz zu helfen? Google mal Depressionen oder Alkoholsucht? Versuche eine Lösung zu finden?
Tut Alicia leider nicht. Aber gut. Nach fünf Jahren trennt sie sich dann endlich von ihm und geht. Lässt sich jedoch ein halbes Jahr später beim ersten Wiedersehen von ihm überreden, mit ihm auf den Everest zu steigen, denn – und jetzt passt auf – sie ist verletzt, dass er das ohne sie tun will. Wait what. Ja, richtig gelesen. Sie ist sauer, dass er mit ihr redet wie mit einer alten Freundin und dann verletzt es sie, dass er ein Ziel hat. Ich hab mich echt an meiner eigenen Spucke verschluckt.
Wer jetzt aber glaubt, dass Alicia sich in dem folgenden halben Jahr bis zur Besteigung des Everests mal darüber Gedanken macht, was ihre Gefühle für Robin vielleicht bedeuten könnten, wieso sie verletzt war, wieso sie Sehnsucht nach ihm verspürt, der irrt. Tatsächlich scheint sie das total zu verdrängen und benimmt sich wie ein garstiges Biest, sobald der arme Tropf auch nur versucht, mit ihr zu reden. Leute, ich war echt ein paar Mal so weit, dass ich das Buch weglegen musste, denn hinzu kommt …
… FLASHBACK!
Mein nächster Kritikpunkt: das Buch springt ständig zwischen Flashbacks und der Bergbesteigung. Wieder und wieder lesen wir Szenen aus der Vergangenheit, die uns zeigen, was genau bei Robin und Alicia eigentlich alles schief gelaufen ist; was eigentlich echt cool sein sollte, war für mich aber eher verwirrend. Die Flashbacks sind nicht chronologisch, sodass ich ziemlich schnell den Überblick verloren habe, was wann passiert ist und tatsächlich haben sie mich eher aus der Story rausgerissen, als dass sie mir geholfen habe.
Schöner hätte ich es gefunden, wenn wir den glücklichen Anfang der Beziehung gelesen hätten und dann langsam den Abstieg, der uns die Problematik mehr und mehr ins Gesicht gedrückt hätte. Stattdessen fangen wir direkt mit Stress und Hass an. Mir hat es die Möglichkeit genommen, Alicia neutral kennen zulernen, denn wie soll ich bitte einen Charakter finden, der einem Suchtkranken vorhält, dass er einen Rückfall hatte, nachdem er den Suchtkranken vor der Beerdigung eines Freunds im Stich gelassen hat.
Das wiederum bringt mich zu meinem anderen, großen Kritikpunkt: Lektorat. WHERE. Nein, mal ernsthaft, wo war das Lektorat bitte? Es tut mir Leid, ich weiß das sag ich oft, aber ich meine es ernst. Es tut mir echt Leid, aber ich hatte nicht das Gefühl, dass der/die/das Lektor viel gemacht hat. Und das ist wirklich, wirklich schade, denn Das Dach der Welt hat in meinen Augen ein riesiges Potential. Die Story ist echt cool und etwas Besonderes. Die Thematik der Beziehung von Robin und Alicia könnte so viel hergeben. Leider wurde hier für mich jedoch zu sehr geschludert. Die Charakterentwicklung passiert irgendwo zwischen den Flashbacks und ist unterliegend, große Punkte der Storyline werden nur kurz angerissen und zack gehts weiter. Die Auflösung am Ende kommt irgendwie aus der Luft gegriffen und ist unrealistisch. Die psychischen Probleme und die Alkoholsucht von Robin werden nicht mal mehr thematisiert. Noch dazu ist das Buch mit knapp 300 Seiten wirklich nicht lang. Hier hätte ich mir von einem Lektorat sehr viel mehr erhofft. Denn – und das muss ich nach all dem Jammern wirklich noch einmal betonen -, Das Dach der Welt war ein gutes Buch und hat das Potential zu einem absoluten Bestseller.
Fazit
Mira Mangers Debüt Das Dach der Welt ist etwas Besonderes. Die Thematik, der Sport, es ist großartig. Auch die Grund-Idee der Beziehung finde ich einfach nur klasse. Dieses Buch hat für mich ein riesiges Potential, doch in meinen Augen wurde es leider nicht ausgeschöpft. Dennoch lohnt es sich, das Buch zu kaufen, denn man wird mit einer großartigen Bergwelt und einer vielschichtigen Story belohnt, die einen mit dem Gefühl zurücklässt, selbst den Everest bestiegen zu haben. Das Dach der Welt ist in meinen Augen ein tolles Debüt und Mira Manger sollte man sich definitiv merken, denn wenn ich mir bei einer Sache sicher bin, dann dass wir noch Großartiges von ihr zu lesen bekommen werden.